Reproduktionstechnologien machen rasante Fortschritte, dabei sind die politischen Implikationen noch gar nicht diskutiert. Dass nur etwa die Hälfte der Menschheit schwanger werden kann, wirft Gerechtigkeitsfragen auf: Unter welchen Umständen werden Menschen schwanger und gebären? Welche Rechte (auf Unterstützung) und welche Pflichten (gegenüber der Gesellschaft oder anderen Erwachsenen) haben sie?
Traditionellerweise wurde Reproduktion über eine heteronormative Geschlechterordnung geregelt mit klar verteilten Aufgaben für "Mütter" und "Väter". Vor allem dank der Frauenbewegung ist diese Geschlechterordnung heute infrage gestellt. Frauen pochen auf ihre Freiheit und Menschen mit Uterus klagen ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung ein, gleichzeitig werden binäre Geschlechterkonstrukte ganz prinzipiell hinterfragt und neue symbolische Geschlechterordnungen in den Blick genommen.
Aber was bedeutet das konkret für neue Familienmodelle? Wie können Menschen ohne Uterus Eltern werden? Was kann die Freiheit und das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Menschen mit Uterus wirklich gesichert werden? Was bedeutet das für Leihmutterschaft und andere Anwendungen der Reproduktionstechnologie? Hier müssen neue ethische Kriterien entwickelt werden, die sich nicht länger an den traditionellen heteronormativen Mustern orientieren.
Antje Schrupp hat bereits 2019 mit ihrem Buch "Schwangerwerdenkönnen" das Thema philosophisch neu umrissen. In ihrem soeben erschienenen neuen Buch macht sie konkrete Vorschläge, wie reproduktive Gerechtigkeit in einer herrschaftsfreien Gesellschaft neu gedacht werden kann.
Antje Schrupp: Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung, 88 Seiten, 7,80 Euro, Unrast Verlag, ISBN 978-3-89771-151-8