Armut ist ein umstrittenes Thema in Deutschland. Während die einen (etwa der Paritätische Wohlfahrtsverband) in regelmäßigen Wiederholungen auf verschiedene, sich vergrößernde Armutsproblematiken (z.B. die Kinderarmut) hinweisen, leugnen die anderen, dass Armut von Hartz-IV- bzw. Bürgergeld-Bezieher*innen möglich sein könne, denn schließlich verhindere der Bezug von Arbeitslosengeld II/Bürgergeld genau dieses Phänomen. Arme Leute sind gezwungen, ihren Protest und ihre Selbstbehauptung in anderer Form auszutragen, als die gängigen sozialen Bewegungen dies tun. Ihre Repräsentanz findet sich nicht in Parteien und Institutionen wieder, in sozialen Bewegungen finden ihre Ansprüche wenig Gehör.
Wir wollen uns gemeinsam die Frage stellen, warum es anders als 2004/2005 bei der Einführung von Hartz IV im Jahr 2023 unter den Vorzeichen von Inflation und Energiekrise nicht zu Protesten armer Leute gekommen ist. Arme Bevölkerungskreise, die am meisten unter Inflation und Preissteigerung leiden, halten sich zurück, fühlen sich weder von linken Protestformen inspiriert, noch von rechten Aufmärschen angesprochen.
Anne Seeck, Peter Nowak, Gerhard Hanloser, Harald Rein (Hg.): KlassenLos – Sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten. 256 Seiten, 12,00 Euro, Verlag Die Buchmacherei, ISBN 978-3-9825440-4-5.