Gewaltfreiheit in Zeiten des Krieges

Donnerstag, 19:30 Uhr, Café

Podiumsdiskussion

Der russische Angriff in der Ukraine bringt den Krieg zurück auf den europäischen Kontinent. Er macht uns mit einem Schlag wieder bewusst, dass die Bedrohung durch feindliche Armeen kein dunkler Geist aus der Vergangenheit ist, sondern eine ganz aktuelle Gefahr darstellt.

Gerade für Anarchist*innen und Kriegsgegner*innen stellen sich nun Fragen mit großer Aktualität, die schon in den letzten Jahren immer wieder aufgekommen sind – beispielsweise angesichts des Eroberungsfeldzugs der IS-Terrormiliz oder des türkischen Einmarsches in Rojava: Welche Perspektive hat die gewaltfreie Aktion angesichts eines Aggressors, der mit brutaler Gewalt auch gegen Zivilist*innen vorgeht? Können wir Waffenlieferungen an die ukrainische Armee unterstützen? Wie sollen wir die gewaltige Aufrüstung der Bundeswehr und die Verstärkung der NATO-Präsenz in Europa bewerten?

Diesen und anderen Fragen wollen wir in einer Podiumsdiskussion nachgehen, mit der die diesjährige Anarchistische Buchmesse eröffnet wird. Die bedrückenden Ereignisse in der Ukraine haben uns dazu veranlasst, dieses Jahr mit einer politischen statt mit einer kulturellen Veranstaltung zu starten.

Auf dem Podium diskutieren (in alphabetischer Reihenfolge):

Hanna Poddig
wurde 1985 in Hamburg geboren. Oft wird sie als »Vollzeitaktivistin« bezeichnet. Sie selbst sieht sich, nicht zuletzt aufgrund der inflationären Nutzung des Begriffs der Aktivistin, lieber als mit dem System unversöhnliche Anarchistin. Sie war viele Jahre bei Robin Wood aktiv und ist auch heute in den aktuellen Klimabewegungen engagiert. Neben Klimakämpfen engagiert sie sich seit 15 Jahren in der Anti-Atom-Bewegung und ist auch im Bereich Antimilitarismus aktiv. Außerdem ist sie Teil der bm-Crew (Übersetzungen der UNRAST-Titel: »work«, »message in a bottle«, »desert und »from democracy to freedom«).

Lou Marin
geb. 1961, seit 1980 Autor der Zeitschrift "Graswurzelrevolution für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft"; Redakteur dieser Zeitschrift in verschiedenen Redaktionsstrukturen 1984-2001; heute noch Mitglied des GWR-Herausgeber*innenkreises; lebt seit 2001 in Marseille, dort Mitglied der anarchistischen Bibliothek CIRA (Centre International de Recherches sur l'Anarchisme, Marseille); Buchautor und Übersetzer; Publikationen u.a. über Albert Camus, Simone Weil, M.K. Gandhi, Martin Buber, zuletzt Übersetzung von James Horrox: Anarchismus in der Kibbuzbewegung"; Aktivismus und direkte Aktionen in der Startbahnbewegung, Anti-AKW-Bewegung, antimilitaristischen Bewegung, Klimabewegung

Dr. Michael Wilk
Notarzt, Psychotherapeut, Autor (Veröffentlichungen zum Thema Macht, Herrschaft, Emanzipation, anarchistische Staatskritik), reist seit 2014 regelmäßig nach Nordsyrien / Rojava. Er unterstützt dort den Kurdischen Roten Halbmond Heyva sor a kurd. Bei seinen Aufenthalten schulte Michael Wilk medizinische Helfer*innen, versorgte Verletzte bei den Kämpfen gegen den IS in Minbic und Rakka. In der Endphase der Besetzung Afrins 2018 durch türkisches Militär und islamistische Hilfstruppen begleitete er einen Hilfskonvoi in die Region Afrin/Sehba. Während der letzten türkischen Invasion in Nordsyrien/Rojava 2019 versorgte er vor Ort Verletzte, ebenso wie Covid-Erkrankte 2021.

Samir*a
Filmschaffende & Transgenderaktivist*in, markierte den Kriegsaußenminister Fischer am Himmelfahrtstag vor 23 Jahren, auf dem Grünen-Parteitag 1999 mit einem blutroten Farbbeutel. Anlass war der völkerrechtswidrige NATO-Krieg ohne UN-Mandat in Ex-Jugoslawien mit deutscher Beteiligung. Auf dem Podium wird Samir*a auch ihre Erfahrungen als wehrpflichtiger Mensch einbeziehen, dem innerhalb der Bundeswehr "politische Zersetzung" vorgeworfen wurde.