In der Zurückweisung eines ideologischen Bescheidwissens und der Verabsolutierung des Rechthabens entwickelte sich die Zerrissenheit bei Albert Camus zur eigenen Zustandsbeschreibung. Die Notwendigkeit des Zweifelns und die Handhabe, politische Bewertungen, wenn sie sich als nicht sicher herausstellen sollten, wieder korrigieren zu können, stellt sich als wesentlich antiautoritär dar und steht gegen eine starre, vereinheitlichende, totalitäre Haltung.
Zur Illustration seiner Camus-Interpretation untersucht Holger Vanicek die Naturbetrachtungen aus dem Frühwerk, Anschauungen bezüglich der Verweise auf eine Transzendenz und Camus’ politische Positionierungen, betrachtet die Dramen „Die Gerechten“ und „Caligula“ und aus dem Spätwerk die Kurzgeschichte „Der Gast“ und die Novelle „Der Fall“, wagt aber auch einen Blick auf Camus’ persönliche Zwiespalte, das Glück und das Scheitern inbegriffen.
Könnte es gerade an seinem Verständnis der Zerrissenheit gelegen haben, dass Camus in der Auseinandersetzung mit seinen politischen Gegenparts aus dem Lager Sartres so weitsichtig argumentiert und gehandelt hat, dass seine Haltungen heute noch Bestand haben?
Holger Vanicek: Die Zerrissenheit – Albert Camus’ Tanz unter dem Schwert. 220 Seiten, 17,90 Euro, Verlag Graswurzelrevolution, ISBN 978-3-939045-49-6