Die Kritik des Staates ist elementar für die anarchistische Bewegung. Allerdings bleibt der Staat in anarchistischen Debatten und Publikationen – von den gängigen Floskeln einmal abgesehen - häufig unterbestimmt. Johannes Agnolis Staatskritik ermöglicht hier einen Ausweg: Nicht nur lässt sich mit Agnoli der Staat genauer fassen, aus der Analyse ergeben sich zudem auch erste Ansatzpunkte für eine antiautoritäre Bewegung.
Nach Johannes Agnoli ist der Staat der konkrete politische Ausdruck der unterdrückenden Gesellschaft. Er hat im bestehenden System eine gewisse Autonomie gegenüber der Ökonomie, wird aber von dieser in seinem Handlungsspielraum begrenzt. Mit dem Staat ist daher keine Emanzipation und aufgrund seiner herrschaftlich verfassten Form auch kein progressiver Fortschritt zu machen. Um die Relevanz dieser Positionen zu verstehen, wird im Vortrag zuerst mit gängigen linken Vorstellungen über den Staat aufgeräumt. Der Staat ist weder ein reines Unterdrückungselement der Kapitalisten, noch bloßer Überbau, hinter dem sich das Kapital versteckt. Sondern er ist konkreter Ausdruck eines Herrschaftsverhältnisses zwischen den Menschen. Er ist Reproduzent und Organisator der Gesellschaft und dazu gehört immer auch die Befriedung sozialer Konflikte.
Ziel des Vortrags ist es eine Debatte über aktuelle Formen linker Staatskritik anzustoßen und neue sowie radikale Perspektiven zu eröffnen.