Anders als die lange Zeit verbreitete Erzählung zur bayerischen Revolution, interpretiert dieses Buch die damaligen Geschehnisse nicht als eine politische Verschwörung von einigen linken Intellektuellen, Künstler:innen oder kommunistischen Agitator:innen. Vielmehr wird das epochale Ereignis am Ende des Ersten Weltkrieges als ein großangelegter Versuch der gesellschaftlichen Befreiung unzähliger bis dahin benachteiligter Menschen beschrieben.
Es waren Arbeiter:innen, einfache Leute, Erwerbslose, kleine und mittlere Bauern und Bäuerinnen, feministische Frauen und linke Intellektuelle, die zusammen diverse Räte (oder Räteorgane) schufen und kollektiv mit Leben füllten. Der entschlossenen Initiative der Arbeiterklasse, der revolutionären Soldaten sowie von Teilen der einfachen Landbevölkerung war es überhaupt zu verdanken, dass der Krieg beendet, die Monarchie gestürzt sowie erstmals das allgemeine und Frauenwahlrecht erkämpft wurden.
Für einen kurzen historischen Moment schien die grundlegende Umwälzung der bürgerlich-kapitalistischen Klassengesellschaft tatsächlich zum Greifen nahe. Wie sich jedoch im Verlauf der bayerischen Revolution zeigen sollte, konnte die Verwirklichung egalitärer Gesellschaftsverhältnisse durch militärische Gewalt jäh gestoppt werden. Auch von dieser bitteren Niederlage – und den Gründen für das Scheitern – handelt dieses Buch. Weiter werden die Lernprozesse der Arbeiterinnen und Arbeiter während der Revolution sowie der Zusammenhang zwischen der militärischen Niederschlagung der Räterepublik und dem Aufkommen des Nationalsozialismus thematisiert.
Roman Danyluk: Unter sticht Ober – Eine Sozialgeschichte der bayrischen Revolution, 424 Seiten, 24,50 Euro, Edition AV, ISBN 978-3-86841-265-9