Elf Jahre lang ermittelte die Polizei in einer der größten Mordserien der Nachkriegszeit. Neun Migranten und eine Polizistin wurden hingerichtet. Im November 2011 verbreiteten Nazis ein Selbstenttarnungsvideo, in der sie sich zu den Morden und zu Terroranschlägen auf migrantische Einrichtungen bekannten.
Mohr und Roth zeichnen die Rolle von Polizei und Justiz bei der Aufklärung der Verbrechen nach. Wie hat die Polizei bei ihren Ermittlungen zu der Mordserie ihre Wissensbestände aggregiert, welche konkreten Schlüsse hat sie dabei gezogen? Während der Ermittlungen war offiziell nicht bekannt, wer für die Mordserie und die drei Bombenanschläge verantwortlich war. Zunächst wurden die als „Ceska-Serie“ bezeichneten Verbrechen kaum beachtet. Erst ab dem sechsten Mord im Juni 2005 engagierte sich die Polizei stärker in den Ermittlungen, qualifizierte sie jedoch fast ausschließlich als mafiöse Verbrechen im Drogenmilieu. Der hier immer auch präsente Rassismus bekam eine andere Funktion. Die in der nachträglichen Aufarbeitung des NSU zu der Polizeiarbeit wohlfeil zirkulierende Verwendung der moralisierenden Leerformel „Versagen“ wird einer kritischen Überprüfung unterzogen.
Markus Mohr, Daniel Roth: Stärkere Strahlkraft / Wahrheit und Lüge in den polizeilichen Ermittlungen im NSU-Komplex 2000 – 2011, Selbstverlag, 380 Seiten, noch keine ISBN